Na gut, ich geb‘s zu. Bei dem Thema bin ich zwiegespalten. Als ich den Punkt ursprünglich mal als den letzten für meine „10 Dinge, die ich gern vorher gewusst hätte“-Reihe festgelegt habe, war ich gerade in so einer Phase, in der ich die dicken Speckbeinchen des Kleinen hätte auffressen können und ich regelmäßig entsetzt feststellte, dass ich ihm den allersüßesten Pullover und den noch viel entzückenderen Ganzkörperanzug nur ein Mal hatte anziehen können, und jetzt schon wieder alles zu klein geworden war. Ein Baby wächst extrem schnell, und das merkt man vor allem an den Sachen, die man regelmäßig schon wieder aussortieren muss.
Gleichzeitig bin ich enorm froh, dass die Zeit vergeht! Dass der Kleine sich weiterentwickelt, dass manches (aber nicht alles, Stichwort: laufen lernen…) leichter wird. Dass die Koliken irgendwann vorbei sind, dass die Hormone sich wieder einpegeln und dass der eigene Körper sich schrittweise wieder halbwegs wie der alte anfühlt (ach, da isser ja wieder, der Beckenboden! Oder was davon übrig geblieben ist!). Dementsprechend trauere ich der ersten Zeit nicht unbedingt nach, sondern bin ganz froh, wie es sich entwickelt hat.
Was ich mit dem Wissen um die zeitliche Begrenztheit beim nächsten Kind jedenfalls anders machen werde, ist meine Bereitschaft, mit Baby und BVG durch ganz Berlin zu fahren, um Freunde zwischen viel zu vielen hupenden und stinkenden Autos, zwielichtigen Gestalten und Hausrat in Neukölln zu besuchen (ich darf das so schreiben, ich habe da jahrelang gewohnt). Es gibt Gründe, warum wir dort weggezogen sind, und die Besuche inklusiver beschwerlicher Anfahrt mit ausgefallenen Fahrstühlen usw. waren rückblickend echt anstrengend. Zu der Zeit hatte ich schon Lust, mal wieder im alten Kiez vorbeizuschauen und dachte mir auch: Du kannst ja nicht, nur weil du ein Baby hast, niemanden mehr besuchen fahren. Jetzt weiß ich: Doch. Kann ich. Ich kann mich entscheiden, dass ich das in den ersten Monaten mit Kind nicht brauche, und dass die, die das akzeptieren können, uns gern im schönen Friedenau besuchen dürfen. Oder dass ich Besuche eben nur alleine ohne Baby mache, die dann aber ggf. kurz ausfallen. Mit Baby, Schlafmangel, Rückenschmerzen, Beckenbodenschwund und BVG – mach ich nicht mehr.
Was ich mir zudem immer wieder, wenn es schwierig war, versucht habe vor Augen zu halten war, dass es eine Phase ist, die sich wieder ändert. Zum Beispiel, wenn ich den ganzen Abend mit dem Dicken verbracht habe, statt mit meinem Mann auf der Couch. Oder in einer Bar. Oder auf dem Crosser. Dann hab ich es immer mal wieder geschafft, tief durchzuatmen und mich in Akzeptanz zu üben. Mir bewusst zu machen, dass mein Sohn nur ein Mal so klein ist (ergo: die Zeit schnell vorbeigeht) und dadurch die Situation leichter akzeptieren, manchmal auch wieder genießen zu können.
Daran erinnerte mich immer wieder ein Zettel, den ich neben das Babybett an die Wand geklebt hatte, mit folgendem Spruch:
Hold him a little longer
rock him a little more
tell him another story
you have only told him four
let him sleep on your shoulder
rejoice in his happy smile
he is just a little boy
for such a little while
In diesem Sinne, gerade wenn die Nächte kurz, die Brustwarzen wund und die Wäschekörbe voll sind: Halte durch! Du machst das ganz wunderbar. Alles, was du jetzt investierst, trägt dazu bei, dass ein zufriedenes und sicher gebundenes Kind und dadurch ein ausgeglichener erwachsener Mensch dabei herauskommt. Sei nicht perfekt, sei gut genug (The birth of a mother, unbedingt lesen!). Denk auch mal an dich und hol dir Unterstützung, wo es nur geht. Genieß die Zeit, aber hab kein schlechtes Gewissen, wenn du es auch mal so richtig blöd findest. Es sind alles Phasen, die wieder vorbeigehen – erfreue dich an den guten. Amen.
So, und da ich nun fertig bin mit meiner Reihe von 10 Dingen, die ich gern vor der ersten Zeit mit Baby gewusst hätte: Was fehlt in deinen Augen noch? Was hättest du gern vorher gewusst?