10 Dinge, Familie

Stillen ist wunderschön und sauanstrengend

Eigentlich wollte ich dieses Mal von den Auswirkungen des Mama-Seins auf meine Freundschaften berichten, aber das mache ich beim nächsten Mal. Und ursprünglich wollte ich auch einen Punkt dem großen Fressen im Wochenbett widmen. Weil ich überrascht war, dass mir nicht die Schwangerschaftsgelüste, sondern der Heißhunger durchs Stillen zum Verhängnis wurden. Aber mittlerweile finde ich, dass das Thema nicht wirklich wichtig ist (zumindest will ich nicht einen meiner letzten Punkte darauf verschwenden). Und dass die Zeit nach der Geburt auch nicht die sein muss, in der man sich als Mutter Gedanken um seine Figur machen sollte (geschweige denn diäten!). Ich muss als frischgebackene Mutter nicht in der Form meines Lebens sein. Und so können wir diesen Punkt eigentlich recht kurz halten: Anfangs sah ich noch aus wie ein Hefeteig, und irgendwann nahm der Heißhunger wieder ab und ich stillte und spazierte mich wieder halbwegs in Form. Long story short.

Was mich derzeit aber viel mehr beschäftigt und was un-be-dingt auf diese Liste gehört, ist das Stillen an sich. Der Kleine ist gerade 1 Jahr alt geworden und wird immer noch gestillt. Ich hatte mir da im Vorfeld gar nichts vorgenommen. Ich hatte mir nichtmal Gedanken darüber gemacht. Er ist ja mein erstes Kind, und da ich keine Ahnung von nichts hab, habe ich den Dingen ihren Lauf gelassen. Meine Brüste waren von Anfang an ein sprudelnder Quell nahrhafter Muttermilch – was mir auch stets die halb amüsierten, halb mitleidigen Lacher beim Blick in den Kinderwagen bestätigten, solange, bis sich sein Gewicht durchs Krabbeln wieder langsam normalisierte.

Ich stille auch wirklich gern. Ich finde, meine Brüste haben nie eine sinnvollere Aufgabe gehabt, als mein Kind zu versorgen. Sie sind die effektivste Strategie zum Trösten, und es ist intensive Kuschel-Zeit, die wir beide genießen. Das Einschlaf-Stillen würde ich sogar gern noch beibehalten, weil es ein schöner und inniger Abschluss des Tages ist. Und klar, ein Teil von mir trauert um das Band zwischen dem Kleinen und mir, das durchs Abstillen gekappt wird. Ein Butterbrot kann ihm jeder schmieren, aber mit Muttermilch stillen kann nur ich. Es bleibt, wie ich finde, nach der Geburt und dem Durchtrennen der Nabelschnur schon noch eine besondere Verbundenheit durch das Stillen.

Aber es bedeutet eben auch, dass ich seit einem Jahr nicht mehr richtig geschlafen habe. In dem Jahr gab es eine (!) Nacht, in der er mal 5 Stunden am Stück schlief. Und sonst? Alle 2-3 Stunden anlegen. Jede Nacht. Tagsüber inzwischen nur noch selten, aber nachts holt sich der Kleine immer noch regelmäßig das, was er braucht (Milch, Nähe).

Nach einem halben Jahr habe ich den ersten Rappel gekriegt: Mein Mann sollte unseren Sohn auch versorgt/beruhigt kriegen, wenn ich mal ausgehen wollte oder einfach erschöpft war. 4 Wochen lang hat er ihm jeden Abend die Flasche angeboten. Pre-Milch, Muttermilch. Verschiedene Flaschen, verschiedene Aufsätze. Nach 4 Wochen haben wir es aufgegeben, der Kleine hat einfach nicht getrunken. Heute frage ich mich, vielleicht war es etwas zu spät – vielleicht war er schon zu alt, um ihn noch ohne weiteres an die Flasche gewöhnen zu können. Eine Freundin hat ab dem 2. Lebensmonat regelmäßig abgepumpt und den Vater füttern lassen, und es klappt prima. Ich war ziemlich neidisch, als sie mir neulich von ihrer Kneipentour erzählte. Oh süße Freiheit!

Ich überlege also, ob ich es beim zweiten Kind anders mache und früher die Flasche anbiete. Aber: Ob es klappt? Keine Garantie. Mein Mann hat als Baby laut Schwiegermama auch konsequent die Flasche verweigert. Vielleicht sind’s also auch die schlechten Gene vom Papa. Am Anfang soll man die Flasche zudem nicht geben, damit es nicht zur Saugverwirrung kommt – wann ist es noch zu früh, und wann wiederum schon zu spät? Zumal ich anfangs ja nur damit beschäftigt war, dass es überhaupt klappt – mit Salbeitee gegen Atombrüste, Stillhütchen und Brustwarzensalbe. Und dann haben Mama und Kind sich endlich eingespielt, es läuft und ist richtig schön, und man soll sich schon wieder damit beschäftigen, wie man damit aufhört? Ein paar Monate entspannte Stillsituation nach den ersten mühsamen und schmerzhaften Wochen will ich schließlich auch mitnehmen.

Eine Freundin erzählte mir auch von mehreren Muttis, deren Kinder konsequent die Flasche verweigerten. Scheint also vielleicht doch unabhängig vom Alter zu sein. Noch dazu finde ich das Abpumpen dermaßen lästig und unangenehm, dass ich freiwillig ziemlich schnell darauf verzichtet habe. Wenn ein Mal abpumpen eine Mahlzeit ergeben hätte, na schön. Aber für eine Stillmahlzeit mehrmals abpumpen müssen, um dieselbe Menge rauszubekommen, für mehrere Mahlzeiten (sonst lohnt es sich ja nicht, wegzugehen, oder?), und nebenher muss man den Wurm ja noch normal weiterstillen. Und dann ist der ganze wochenlange Aufwand noch für die Katz, weil der Herr ja keine Flasche will. Warum also etwas so Schönes und Natürliches wie das Trinken meines Sohnes an meiner Brust gegen so etwas Unnatürliches und Unschönes tauschen – von einem Ding gemolken zu werden wie eine Kuh? Nun, jetzt weiß ich’s: Für die Freiheit. Und den Schlaf. Damit der Papa auch mal übernehmen kann, wo sonst nur Mama gefragt ist.

Hinzu kommt, dass ich jetzt wieder angefangen habe zu arbeiten und wir keinen Kita-Platz gefunden haben, sodass wir den Kleinen noch selbst betreuen. Ich bin selber am Kränkeln, und der Kleine ist auch schon seit Wochen krank. Dadurch natürlich anhänglicher. Tagsüber hatten wir schon so gut wie gar nicht mehr gestillt, das hatte sich mit seiner Erkältung dann wieder erledigt. Und wenn ich fix und alle bin und den Kleinen nachts einfach mal an den Papa übergeben will, erbricht er sich entweder vor lauter Aufregung (also, das Kind) oder kriegt einen besorgniserregenden Hustenanfall, sodass wir erstmal am offenen Fenster stehen und anschließend inhalieren müssen.

Und dann liest man überall, man sollte das Abstillen nicht in einer Zeit versuchen, wo das Kind zahnt, krank ist oder gerade einen Entwicklungssprung macht. Heißt für mich: Stillen bis zu seinem Abitur. Denn irgendwas ist IMMER! Es gibt gefühlt keine Zeit, in der gerade kein Zahn kommt, keine Nase läuft, kein Husten quält oder er nicht aus unerfindlichen Gründen gerade besonders anhänglich ist. Alle Methoden zum Abstillen sind dann auch noch umstritten und lösen in mir schon beim Lesen einen Widerwillen aus – woher soll der Kleine wissen, wie spät es ist (zwischen 11 und 6 nicht mehr anlegen) und somit verstehen, warum er fünf Minuten vorher noch trinken durfte und jetzt nicht mehr? Und im ganzen Leben lasse ich mein Kind nicht im Bett weinen, ohne es anzufassen oder hochzunehmen. Denn wichtiger als mein Schlaf- oder Ausgehbedürfnis ist für mich das Bedürfnis meines Sohnes nach Sicherheit und Geborgenheit. Dass wir ihm das Urvertrauen mitgeben, dass wir zuverlässig da sind und ihn angemessen trösten.

Ich glaube, das haben wir bisher ganz gut hingekriegt. Ich bin mir daher auch nicht sicher, ob ich nun alles genau richtig oder genau falsch gemacht habe, und im Zweifel ist es wohl irgendwas dazwischen. Für den Kleinen und unsere Beziehung war es sicherlich schön, und die WHO empfiehlt ja sogar bis zum 2. Lebensjahr zu stillen. Als Mutter sage ich also: Daumen hoch fürs lange Stillen. Als junge Frau, die in Berlin wohnt und gerne mal wieder tanzen gehen würde: Hmmm. Ich würde nur gern eine Nacht mal wieder ausgehen. Eine Nacht! Wahrscheinlich verbringe ich die eine Hälfte in der Schlange vorm Club und die andere schlafend auf der Toilette, aber egal! Mal wieder ein bisschen „Hip Hop Hooray“ statt „Old Mac Donald had a farm“.

Da wir nun zuletzt durch seine Erkältung noch weniger Schlaf als sonst bekommen haben, komme ich so langsam an den Punkt, dass ich nicht mehr kann und nicht mehr will. Denn was nützt es dem Kleinen, wenn die Mutter ihn zwar stillt, aber dabei völlig von der Rolle ist. Zumal er jetzt endlich mal tagsüber mehr isst und (Wasser) trinkt, sodass ich mir keine Gedanken mehr machen muss, ob er genug Nährstoffe erhält. Ich werde also die Tipps meiner Schwägerin beherzigen und ein Übergangsobjekt (ein Stofftier) zum Einschlafen einführen und langsam (innerhalb mehrerer Wochen, wenn nötig) versuchen, eine nächtliche Stillmahlzeit nach der anderen zu reduzieren. Dabei versuche ich einen Zeitraum abzupassen, wo er nicht mehr so stark erkältet ist. Wenn er eine Weile protestiert und dann trotzdem einschläft, schaff ich das. Wenn er aber völlig verzweifelt ist und sich wieder erbricht, (erstmal) nicht. Ein paar Wochen machen den Kohl dann auch nicht mehr fett. Und die Zeit, in der er so klein ist, geht ohnehin so schnell vorbei. Ich werde in meinem Leben noch jahrelang ausgehen, im Vergleich dazu ist die Stillzeit nur ein Wimpernschlag.

Ich kann also gar nicht genau sagen, was ich diesbezüglich gern vor der ersten Zeit mit dem Dicken gewusst hätte. Weil es bis vor kurzem für mich genau richtig so war, und weil auch nicht klar ist, ob andere oder frühere Versuche geklappt hätten. Ich kann für mich nur resümieren, dass ich froh bin, am Anfang durchgehalten zu haben. Dass das Stillen wunderschön wurde und dazu noch praktisch ist (z.B. unterwegs). Dass es auf Dauer aber auch ziemlich anstrengend wird, wenn man die einzige ist, die den Kleinen versorgen kann. Und dass das Abstillen eine echte Herausforderung ist, vor allem wenn der Kleine weder Flasche noch Schnuller akzeptiert. Wenn du also deine Tipps und Erfahrungen diesbezüglich mit mir teilen magst, freue ich mich sehr über deinen Kommentar!

2 Erwähnungen in “Stillen ist wunderschön und sauanstrengend

  1. Danke für deinen Beitrag! Ich befinde mich momentan in einer ähnlichen Situation und will jetzt einfach so ganz langsam nach und nach abstillen. Das mit der Flasche war bei uns auch so ne Sache. Die hat er mit abgepumpter Milch mit 3 Monaten genommen (sodass Mama zum Chor gehen konnte), mit 6 Monaten wollte er von Flasche nichts mehr wissen. Schnuller auch nie. Neulich mit fast 14 Monaten haben wir‘s mal wieder probiert mit Säuglingsmilch weil Mama wenigstens abends für ein paar Stunden mal wieder ausgehen wollte. Und siehe da, es hat geklappt. Also ersetzen wir jetzt die erste Nachtmahlzeit, das klappt super mit Papa. Dann stille ich ihn normalerweise noch zwei Mal nachts. Das wollen wir damn ganz langsam nach und nach auch ersetzen. Die letzten zwei Nächte wollte er allerdings auch nur noch einmal gestillt werden, also pegelt sich das vielleicht auch alleine ein. Jeder findet irgendwie seinen Weg. Alles Gute und LG

    1. Liebe Kerstin, das klingt ja prima! Würde mir für den Anfang auch völlig reichen! Die erste Nachtmahlzeit ist bei euch auch so 10, 11 Uhr? Wenn euer Kleiner mit 3 Monaten schonmal an die Flasche gewöhnt war, ist das sicherlich ein Vorteil – würde ich beim nächsten vielleicht auch so machen. Haben wir mit Flasche durch Papa ja auch versucht, da kräht der Dicke aber immer nur nach seiner Mama 🙂 Und bei meiner Schwägerin hat es nach einigen Nächten rumtragen auch ganz ohne Flasche geklappt – was den Vorteil hätte, dass man gar nicht mehr (weder fürs Stillen, noch fürs Flasche machen) raus müsste. Bis jetzt hat es zwei Mal geklappt, dass er sich mit “schsch” wieder hat hinlegen lassen, ansonsten ist grad statt Stillen um 1 ewig langes Geschaukel angesagt. Ist eine sanfte, aber auch mühsame Methode. Mal schauen, wie lange ich das durchhalte!

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